Hart bestrafen oder eben auch abschieben.
Interview: In einem Facebook-Post fordert der Dannstadter CDU-Politiker Sertac Bilgin, dass die Täter der Silvesternacht für die Angriffe auf die Blaulichtfamilie rigoros bestraft – und konsequent abgeschoben werden. Dafür habe er viel Zustimmung erhalten, aber nicht öffentlich. Dabei sollte endlich Klartext geredet werden, meint er im Gespräch mit Doreen Reber, denn von der Schönrederei ist er genervt.
Herr Bilging, was war Ihre erste Reaktion, als Sie die Bilder aus den Großstädten von der Silvesternacht gesehen haben?
Ich war erschüttert, dass sich da ein Mob an Jugendlichen zusammengetan hat, der keinen Anstand und Respekt gegenüber der Polizei und den Hilfskräften hat. Ich konnte es nicht fassen, dass da die Menschen angegriffen werden, die helfen und beschützen und dabei schon oft genug ihre Gesundheit oder gar ihr Leben riskieren.
Es waren überwiegend junge Männer mit Migrationshintergrund oder junge männliche Migranten und Asylsuchende. Haben Sie da schon geahnt, in welche Richtung die Debatte danach gehen wird?
Ja. Aber die Herkunft oder der kulturelle Hintergrund ist in erster Linie nicht der Punkt. Es waren Menschen, die andere angegriffen, verletzt und gefährdet haben, während diese ihren Job machten. Solche Leute haben keinen Respekt vor geltendem Recht. Und das gehört mit aller Konsequenz und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgt und bestraft. Aber – und das muss auch klar gesagt werden: Es handelt sich bei diesen Tätern um einen Bruchteil der Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchenden. Ich habe aufgrund meiner türkischen Wurzeln und meiner Migrationsarbeit viel Kontakt mit Menschen, die nach Deutschland gekommen sind. Es gibt so viele, die in Deutschland leben und arbeiten und die die Gesellschaft und die Gesetze hier respektieren. Die wenigen, die hier Stress machen, schaden auch dem Ansehen aller, die zu Recht aufgenommen wurden und sich integriert haben.
In Ihrem Facebook-Post fordern Sie eine konsequente Abschiebung. Diese rechtliche Möglichkeit gibt es ja nur für einen Teil der Täter, für Asylsuchende.
Ich habe mich bei der Berliner Polizei erkundigt und mir folgende Zahlen bestätigen lassen: Von den 145 Festnahmen in der Nacht in Berlin, handelt es sich um 45 Deutsche, 27 Afghanen, 21 Syrer, neun Iraker, neun Polen, sechs Libanesen, der Rest war aus Frankreich, Italien, Australien, Indien, Iran, Serbien, Jordanien und vom afrikanischen Kontinent. Und was mich am meisten verwundert: 15 Staatenlose waren unter den Festgenommenen, also Menschen, die hier sind, es aber offiziell gar nicht sein dürften. Das sind Fakten, die man so nicht akzeptieren darf. Ich stehe dazu: Asylsuchende, die in der Silvesternacht Helfer und Polizisten angegriffen haben, sollten sofort abgeschoben werden, wenn möglich. Und wer von ihnen zum Beispiel einen unbefristeten Aufenthaltstitel hat, sollte diesen herabgestuft bekommen, etwa zu einem befristeten mit Auflagen. Jeder Bürger, der Polizisten, Feuerwehrleute oder andere Hilfskräfte angeht, sollte für diese Taten direkt die Höchststrafe bekommen, egal welcher Nationalität er angehört.
Und was erhoffen Sie sich von solchen rigorosen Strafen, wenn sie denn umgesetzt werden könnten?
Dass wir damit ein klares Signal senden. Solche Fälle müssen konsequent bestraft werden, im Notfall eben auch mit Abschiebung. Wenn bis in die kleinsten Dörfer der Welt bekannt ist, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, dann soll bis dahin auch die Botschaft kommen, dass wir auch ein Abschiebeland sind, wenn man sich hier nicht an die Regeln hält! Es muss dringend dafür gesorgt werden, dass der Respekt vor der Polizei und anderen Hilfskräften wiederhergestellt wird, und das wird nur passieren, wenn eben solche Taten konsequent verfolgt und bestraft werden.
Nun, es gibt es ja Abschiebe-Gesetze und auch Abschiebungen.
Aber es wird nicht konsequent abgeschoben, weil die Regelungen immer wieder ausgehebelt und unterwandert werden. Und das, weil es die Möglichkeiten dazu gibt. Das fängt schon damit an, dass es keine einheitliche Abschiebe-Regelung für alle Bundesländer gibt. Es gibt eine regelrechte Wanderung durch die Bundesländer von manchen Asylsuchenden. Dann hat das Immigrationsschutzgesetz in meinen Augen Auswüchse angenommen, die jeder Vernunft widersprechen. Und das wird gnadenlos ausgenutzt. Wenn rechtskräftige Abschiebe-Bescheide nicht durchgesetzt werden, weil der Abzuschiebende in ein paar Monaten einen Zahnarzttermin oder einen Pilz am Fuß hat, dann ist das ein Witz.
Sie haben Ambitionen, ein Mandat für den rheinland-pfälzischen Landtag zu bekommen. Was würden Sie denn machen, wenn Sie zum Beispiel den für Abschiebungen zuständigen Ministerposten hätten?
Ich würde alle bereits entschiedenen Abschiebungen innerhalb von drei Monaten auch durchführen lassen. Es kann nicht sein, dass Abschiebungen, über die schon 2017/18 rechtskräftig entschieden wurde, noch nicht vollzogen sind. Wir geben Leuten Schutz, die Schutz benötigen. Wir weisen aber auch aus, wenn es dieses Schutzbedürfnis nicht gibt. Und wir weisen aus, wer unser Land bewusst schädigt.
Die Vorfälle in der Silvesternacht haben eine Debatte ausgelöst, die immer noch andauert. Die Reaktionen auf Ihren sehr direkten Facebook-Post waren aber eher gering. Waren Sie enttäuscht?
Nein, denn nur drei Stunden nach der Veröffentlichung auf Facebook wurde ich von gut 130 Leuten persönlich per WhatsApp, SMS oder Telefon kontaktiert oder ich wurde direkt angesprochen. Fast alle teilten mir mit, dass sie den Post gut finden. Und das von Leuten aus allen politischen Lagern. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber ich hätte mir gewünscht, dass diese Meinungen auch öffentlich geäußert worden wären.
Hat Sie das geärgert?
Ja, schon, aber ich nehme das keinem persönlich übel, jeder hat dafür seine Gründe. Aber es werden in dieser politischen Debatte leider viel zu oft Probleme nicht direkt benannt. Nach dem Motto: „Das kannst Du so nicht sagen, da musst Du aufpassen“. Dann wird schöngeredet, immer um das Problem herum.
Und hat man zu Ihnen nach dem Facebook-Post auch gesagt, dass Sie das doch so nicht sagen sollten?
Ja, aber ich lasse mir keinen Maulkorb verpassen. Dafür ist mir die Sache viel zu wichtig.
Sagen Sie, wer das war?
Nein.