Neuer Dialogbeauftragter will direkter Draht nach Mainz sein
Sertac Bilgin ist der neue Dialogbeauftragte der Landes-CDU und möchte das Vertrauen der Menschen mit Migrationshintergrund in die Politik stärken. Für ihn sind Vorurteile das Grundübel.
Herr Bilgin, Sie gründeten 2008 einen „Kultursensiblen Pflegedienst“ und haben damit offensichtlich einen Bedarf in der Pflege von Menschen mit Migrationshintergrund erkannt, denn es war der erste mit diesem Schwerpunkt in Rheinland-Pfalz. Aber spricht es nicht eigentlich gegen den Integrationsgedanken, wenn die zu Pflegenden nur mit Menschen aus ihrem Kulturkreis zu tun haben?
Für das Wohlbefinden des zu Pflegenden spielt das eine wichtige Rolle, dass er mit Menschen aus seiner Kultur zusammen ist. Er befindet sich ja in einer hilfebedürftigen, zum Teil hilflosen Lage und muss fremde Menschen an sich heranlassen. Wenn sie seine Sprache sprechen, sie die gleiche Herkunft haben, erleichtert das das Miteinander.
Nun hat man als Deutscher das Bild im Kopf, dass in den türkischen, arabischen, griechischen oder auch italienischen Familien die Alten und Kranken im Familienverband gepflegt werden. Aber das scheint sich, wie bei den deutschen Familien, geändert zu haben?
Ja, auf jeden Fall, immer mehr Familienmitglieder arbeiten, die Pflege muss mehr und mehr aus der Hand gegeben werden. Dennoch werden die Leute in der Familie gepflegt – nur eben mit Hilfe eines Pflegedienstes.
Um bei den Klischees über Bürger mit Migrationshintergrund zu bleiben: Politisches Engagement von Muslimen vermutet man eher bei den Grünen, der Linken oder der SPD. Warum wurde eine christliche Partei die politische Heimat eines Muslimen?
Auf der kommunalen Ebene, wo meine politischen Aktivitäten begannen, hat das menschlich am besten mit der CDU geklappt, da bin ich politisch groß geworden. Die Parteikollegen waren wie eine Familie für mich. Aber mein Vater hat mich anfangs auch gefragt: „Was machst Du denn bei der CDU?“ (lacht) Ich habe ihm erklärt, dass die Werte der CDU uns verbinden. Das sollten wir eigentlich immer miteinander tun: Das wahrnehmen, was uns verbindet.
Jetzt sind schon zwei Klischees in dem Gespräch gefallen. Sind die ein Grund, warum Sie nun Dialogbeauftragter in Ihrer Landespartei sind?
Es wird in vielen Bereichen zu oft übereinander statt miteinander geredet. Mir und uns ist aber wichtig, die kulturellen Besonderheiten zu berücksichtigen und auf die Probleme einzugehen, die vielleicht nur oder besonders Migranten betreffen. Dazu müssen wir zuhören und uns austauschen. Ich habe schon als junger Mensch die politischen Debatten in den Medien verfolgt und mich immer geärgert, wenn sich Menschen zu Experten anderer Kulturen, auch meiner, erklärten. Das war für mich die größte Motivation, mich politisch zu engagieren.